Über die Grundproblematik eines Plugin-Hybriden redet niemand, die Automobilindustrie am wenigsten. Dabei liegt sie auf der Hand:
- Wenn ich ein Kurzstrecken-Fahrprofil habe, so dass ich mit der gebotenen Elektro-Reichweite auskomme, dann schleppe ich während der E-Fahrt einen kompletten Verbrennungsmotor mit allen Nebenaggregaten und Benzintank mit mir herum, was den Energieverbrauch erhöht.
- Wenn ich aber ein Langstrecken-Fahrprofil habe, so dass ich mit der gebotenen Elektro-Reichweite nicht auskomme, dann schleppe ich während der Benzin-Fahrt richtig schwere Traktionsbatterien mit mir herum, was den Energievebrauch erhöht.
Das ist also im Gegensatz zu einem konventionellen Hybriden, bei dem beide Antriebssysteme sich faktisch permanent ergänzen und der komplette E-Zweig erheblich leichter ist, nicht Fisch und nicht Fleisch. Ich kann mir nur sehr wenige Fahrprofile vorstellen, die mit einem Plugin besser bedient wären als mit einem herkömmlichen Hybriden (leichter) oder mit einem reinen Elektrofahrzeug (auch leichter). Von anderen Aspekten (wie ökologisch wurde der Strom erzeugt, wie hoch ist die tatsächliche E-Reichweite, wo kann ich die Kiste unterwegs laden und wie lange dauert das) mal gar nicht zu reden.
@Pit
Denk nochmal drüber nach. Zugegeben, das Konzept des Ampera klingt zwar im Marketingdeutsch zunächst verlockend, aber nicht, wenn man es näher hinterfragt. Ich bin mittlerweile sehr skeptisch und mit jedem neuen technischen Detail, das durchsickert, werde ich skeptischer. Ein paar gedankliche Anregungen:
Obwohl es sich herausgestellt hat, dass es sich im Kern um einen seriellen Hybriden mit vergleichsweise aufwändigem mechanischen Innenleben handelt, beharrt der Hersteller weiterhin auf dem Märchen vom reinen Elektro-Auto. Zitat: Der Volt fährt im Gegensatz zu Hybridautos rein elektrisch. Ein eingebauter Verbrennungsmotor lädt bei Bedarf nur die Batterie auf. GM nennt das Aggregat deshalb "Reichweitenverlängerer".
Das Auto ist aber nichts anderes als ein serieller Plugin-Hybride. Die der seriellen Kette prinzipbedingt immanenten Wandlungsverluste (Benzin -> Verbrennungsmotor -> Generator -> Akkumulator -> Elektromotor -> Vortrieb) sind enorm, der Gesamtwirkungsgrad unterirdisch. Bei leerer Traktionsbatterie muss das zwangsläufig zu einem völlig indiskutablen Verbrauch des Verbrennungsmotors führen. Noch schlechter geht es konzeptionell gar nicht.
Der angegebene E-Verbrauch von 22.4 kWh/100 km ist entsprechend miserabel, zumal das in der Praxis mehr sein wird, im Winter sogar deutlich mehr. Das Auto wird durch die Traktionsbatterien ausgesprochen schwer sein, was sich natürlich bemerkbar macht.
Der Hersteller spricht von einer elektrischen Reichweite zwischen 40 und 80 Kilometern, im Schnitt 56 Kilometer. Nach den Regeln des Produktmarketings bedeutet das: 40 Kilometer, eher weniger.
Danach wird der Verbrauch über 7 Liter pro 100 Kilometer liegen, und das ist noch eine sehr optimistische Angabe, denn bereits der Normverbrauch liegt nach US-Angaben bei 6.4 Liter/100 km. Ganz schön viel für ein nur viersitziges "reines Elektroauto" mit dem viel versprechenden Titel "Grünes Auto des Jahres".
Das Auto wird in der Grundversion 43.000 Euro kosten. Nach den Regeln des Produktmarketings bedeutet das: Mit ein paar kaum verzichtbaren Extras 50.000 Euro, eher mehr.
Nebenbei bemerkt wurde der Chevrolet Volt 2010 als "Green Car of the Year 2011" ausgezeichnet, Opel hat sich mit dem Ampera rangehängt. Allerdings ist er auf der Opel-Webseite weiterhin unter "Zukunftsmodelle" zu finden. Nur, weil das GM-Marketing schon seit viereinhalb Jahren Dauer-Kampagne fährt, kann man ein Auto noch lange nicht kaufen.
Ich halte das insgesamt für wenig überzeugend. Mit der Produktpolitik von Toyota (Lexus, Daihatsu, Scion) geht mir das allerdings ähnlich, mir geht das auch alles viel zu langsam. Aber im Vergleich zu diesem völlig ungerechtfertigten Volt/Ampera-Hype erscheint mir selbst der Prius-Plugin attraktiv, obwohl ich mit dessen Grundkonzept mit den drei Traktionsbatterien überhaupt nicht glücklich bin. Der mutiert aber wenigstens nicht zum Spritschlucker, wenn seine Akkuladung aufgebraucht ist, was ich für einen wesentlichen Unterschied halte.
Viele Grüße, Erwin